Pflegebedürftig

Pflegebedürftig – und jetzt?

Pflegebedürftigkeit ist meist erst dann für uns ein Thema, wenn eine Person in unserem Umfeld oder wir selbst pflegebedürftig werden. Speziell wenn sie durch einen Unfall oder eine rasant fortschreitende Erkrankung eintritt, müssen wir uns sehr schnell damit auseinandersetzen, wie die pflegebedürftige Person optimal versorgt und betreut werden kann. Wir haben die wichtigsten Tipps für euch!

Wird jemand zum Pflegefall, zieht das eine Reihe an Überlegungen, Anträgen, Kosten, Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst oder ein Pflegeheim und Care-Arbeit durch Angehörige mit sich. Zu Beginn wissen viele nicht, an welche Stellen sie sich wenden können, um Unterstützung zu bekommen und welche Leistungen ihnen beziehungsweise der pflegebedürftigen Person zustehen. Mit unserer Übersicht könnt ihr euch einen ersten Überblick verschaffen.

Wann gilt ein Mensch als pflegebedürftig?

Laut Gesetz ist eine Person pflegebedürftig, wenn sie infolge einer Erkrankung oder Behinderung mindestens sechs Monate bei der Körperpflege, Ernährung, im Haushalt und bei der Mobilität Hilfe benötigt. Je nach Schwere der Beeinträchtigungen erhält die Person dann einen gesetzlich festgelegten Pflegegrad. Jeder Pflegegrad deckt bestimmte Leistungen ab. Je höher der Pflegegrad, desto stärker ist der/die Pflegebedürftige beeinträchtigt und desto mehr Leistungen werden von der Pflegekasse übernommen.

Pflegebedürftigkeit: Wie geht es jetzt weiter?

1. Reha vor der Pflege?

Vor der Klärung, welche Art der Pflege notwendig ist, sollten zuerst mögliche Rehamaßnahmen eingeleitet werden, sofern sich damit der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person verbessern lässt. 

2. Kostenlose und neutrale Pflegeberatung bekommt ihr durch …

Eine Pflegeberatung durch ambulante Pflegedienste wie den Pflegedienst Sensus ist zwar nicht mehr kostenlos, benötigt ihr allerdings so schnell wie möglich pflegerische Unterstützung und Hilfe bei der Beantragung des Pflegegrades, ist dies der schnellste Weg. 

3. Pflegende Angehörige – Arbeit aufteilen

Ab dem Zeitpunkt einer akuten Pflegesituation habt ihr als pflegende Angehörige das Recht, euch für bis zu zehn Arbeitstage (kurzzeitige Arbeitsverhinderung) freistellen zu lassen und so die wichtigsten organisatorischen Dinge klären zu können. Kann der/die Pflegebedürftige erstmal nicht zu Hause versorgt werden, besteht beispielsweise der Anspruch, die betroffene Person bis zu acht Wochen pro Kalenderjahr in einem Pflegeheim (Kurzzeitpflege) unterzubringen. 

4. Pflegetagebuch und Pflegegrad-Antrag

Bevor ihr einen Pflegegrad-Antrag bei der Pflegekasse stellt, ist es sinnvoll, dass ihr ein Pflegetagebuch führt, um den Pflegeaufwand vor dem Medizinischen Dienst (MD – früher MDK) detailliert darlegen zu können. Notiert dazu jede einzelne Tätigkeit und den zeitlichen Aufwand – von medizinischen, über hauswirtschaftliche bis hin zu betreuerischen Tätigkeiten. Auch dabei unterstützt euch wieder ein ambulanter Pflegedienst, ein Pflegestützpunkt oder der Sozialdienst des behandelnden Krankenhauses/der Rehaklinik. So findet ihr einen ambulanten Pflegedienst eures Vertrauens.

5. Welche Pflegeart/Pflegeform kommt in Frage?

Bezogen auf die Leistungen der Pflegekasse hat laut Gesetz die häusliche Pflege Vorrang vor einer stationären. Damit stellt sich auch die Frage, ob eine optimale Pflege und Betreuung zu Hause überhaupt gewährleistet werden kann. Häufig muss die Wohnung in kurzer Zeit behindertengerecht und unfallsicher gemacht werden. Ist dazu ein Umbau oder Umzug notwendig, nimmt dies viel Zeit und Geld in Anspruch. Ein Antrag auf wohnumfeldverbessernde Maßnahmen (zum Beispiel für einen Treppenlift) bei der Pflegekasse ist dann ratsam. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die pflegebedürftige Person einen Pflegegrad hat. Gerade wenn pflegende Angehörige berufstätig sind, kann beispielsweise auch eine Tagespflege sinnvoller sein als die ambulante Pflege. Muss die pflegebedürftige Person rundum betreut werden, solltet ihr abwägen, ob die Heimpflege nicht doch die sicherste Wahl ist. Neben der ambulanten und stationären Pflege und der Tages- und Nachtpflegepflege gibt es noch weitere Pflegeformen. 

6. Hilfsmittel und Krankentransporte

Unabhängig davon, ob Pflegebedürftige einen Pflegegrad haben oder nicht, stehen Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen Leistungen der Krankenkassen zu, sofern diese medizinisch notwendig sind. Dazu zählen beispielsweise anteilige oder vollständige Kostenübernahmen für bestimmte Hilfsmittel wie …

  • Pflegebett, Pflegematratze
  • Badewannenlift
  • Rollstuhl, Rollator oder Elektromobil
  • Pflegehilfsmittel (z. B. Einmalhandschuhe, Bettschutzeinlagen, Desinfektionsmittel etc.)
  • Hausnotruf
  • sowie Krankentransporte (beispielsweise ins Krankenhaus, zu Ärzt:innen, zur Dialyse, Physiotherapie oder Reha)

Bei der Beantragung helfen euch beispielsweise ambulante Pflegedienste oder Ärzte. Wird der Antrag abgelehnt, könnt ihr Widerspruch einlegen. Gerade wenn ihr Hilfsmittel dringend benötigt, ist es wichtig, dass ihr eure individuelle Situation vor dem zuständigen Sachbearbeiter noch mal genau darlegt.

7. Krankenpflege

Ebenfalls unabhängig davon, ob die pflegebedürftige Person einen Pflegegrad hat, könnt ihr möglicherweise Krankenpflege in Anspruch nehmen, die von der Krankenkasse übernommen wird. Krankenpflege deckt Leistungen wie das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen oder das Zusammenstellen notwendiger Medikamente ab.

8. Medikamentenplan und Arztberichte

Lasst euch von den behandelnden Ärzt:innen der pflegebedürftigen Person Medikamentenpläne ausstellen. Diese benötigt ihr für die ambulante oder stationäre Pflege sowie für Ärzt:innen und Kliniken.

Tipp: Hinterlegt die wichtigsten Krankenunterlagen als Kopie bei euch oder der pflegebedürftigen Person zu Hause auf, um sie in Notfällen – beispielsweise bei einer plötzlichen Einweisung ins Krankenhaus – griffbereit zu haben.

9. Vollmachten und Verfügungen

Der Abschluss wichtiger Vollmachten/Verfügungen wird oft vernachlässigt – dabei sind diese Vollmachten sogar für Ehepartner:innen und Kinder unerlässlich, um als pflegende Angehörige für die pflegebedürftige Person notwendige gesundheitliche sowie finanzielle Maßnahmen einleiten und ihren Bedürfnissen und Wünschen gerecht werden zu können.

Vorsorgevollmacht – umfasst zwei Bereiche:

  • Personensorge – benötigen beispielsweise Arztpraxen, Kliniken und Pflegeeinrichtungen von euch
  • Vermögenssorge – benötigt ihr für die Vermögensverwaltung und Bankgeschäfte

Betreuungsverfügung:

Liegt keine Vorsorgevollmacht vor, kann die pflegebedürftige Person mit der Betreuungsverfügung festlegen, welche Person vom Betreuungsgericht als rechtliche:r Betreuer:in eingesetzt werden darf und welche Person sie ablehnen. Auch kann darin festgelegt werden, wo man gepflegt werden möchte – also beispielsweise so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden. Zudem wird damit verhindert, dass vom Gericht und nicht von euch beziehungsweise der pflegebedürftigen Person ein:e gesetzliche:r Betreuer:in festgelegt wird.

Patientenverfügung:

Mit der Patientenverfügung wird schriftlich festgehalten, welche medizinische Maßnahmen eingeleitet werden sollen, wenn man sie nicht mehr selbst entscheiden kann – beispielsweise weil man im Koma liegt oder aufgrund von Demenz nicht mehr dazu in der Lage ist.

10. Finanzielle Hilfen und Hilfe zur Pflege (Sozialamt)

Rechnet hoch, wie viel Pflegegeld nach Abzug der Kosten für den ambulanten Pflegedienst, Hilfsmittel, Umbauten etc. noch übrig bleibt beziehungsweise für welche Kosten ihr selbst aufkommen müsst und prüft, ob euch weitere finanzielle Unterstützung zusteht.

Mögliche finanzielle Hilfen

  • Beantragung eines Schwerbehindertenausweises – bietet finanzielle und steuerliche Vorteile
  • Bei chronischen Erkrankungen haben Betroffene eine Zuzahlungspflicht von 1 anstatt 2 Prozent des Brutto-Familieneinkommens.
  • Zuzahlungsbefreiung von Hilfsmitteln, Medikamenten, gesundheitlichen Anwendungen etc. 
  • Befreiung von GEZ-Gebühren 

Hilfe zur Pflege

Reichen die finanziellen Mittel nicht aus, könnt ihr gegebenenfalls beim Sozialamt „Hilfe zur Pflege“ beantragen.

Jetzt habt ihr eine erste Übersicht über die wichtigsten Dinge, die ihr bei oder kurz vor Eintritt einer Pflegebedürftigkeit regeln müsst. Natürlich gehen wir auf einzelne Punkte wie zum Beispiel Vollmachten und Verfügungen und Pflegeformen noch mal ausführlicher ein.

Titelbild: © Adobe Stock – Dragana Gordic

 

 

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