
Pflegegrad 1 – geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Der Pflegegrad 1 steht für eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Wir erklären euch, welche Beeinträchtigungen hierbei bestehen und welche Betreuungs- und Entlastungsleistungen, Hilfsmittel sowie Wohnraumanpassungsleistungen euch zustehen.
Nachdem wir euch mit den wichtigsten Tipps versorgt haben, um einen Pflegegrad zu beantragen, erfahrt ihr jetzt einige Fakten zum Pflegegrad 1.
Pflegegrad 1 – geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Wie viele Punkte für Pflegegrad 1?
Um in den Pflegegrad 1 eingestuft zu werden, muss die pflegebedürftige Person für die Einschränkung der Selbstständigkeit zwischen 12, 5 bis unter 27 Punkte erreichen.
Was bedeutet geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit?
1. Mobilität
Die betroffene Person benötigt leichte Hilfe wie beim Ein- und Aussteigen in die Dusche/Badewanne, Unterstützung beim Treppensteigen oder beim Verlassen/Betreten der Wohnung.
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (Wahrnehmung, Erkennen, Denken, Sprechen)
Bei der Einstufung in den Pflegegrad 1 funktionieren die kognitiven Fähigkeiten wie Bedürfnisse mitteilen, eigene Entscheidungen treffen etc. noch gut. Mögliche erste Probleme können zum Beispiel eine erhöhte Sturzgefahr drinnen oder draußen sein, da unter anderem Risiken schlechter oder langsamer eingeschätzt werden.
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
Die Person benötigt leichte Hilfe (z. B. Erinnerungszettel schreiben, Mut zusprechen etc.) aufgrund psychischer Beschwerden wie Ängsten, Aggressionen, Verwirrtheit oder Erinnerungslücken – häufig verursacht durch Erkrankungen wie Demenz, Parkinson oder Depressionen.
4. Selbstversorgung
Bei einer geringen Beeinträchtigung der Selbstständigkeit benötigt die betroffene Person bei der Selbstversorgung zum Beispiel leichte Hilfe beim Waschen/der Körperpflege, An- und Auskleiden und Einkaufen.
5. Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
Möglicherweise benötigt die hilfsbedürftige Person Zuspruch und Unterstützung bei krankheitsbedingten Therapien und medizinischen Behandlungen.
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Beim Pflegegrad 1 kann die betroffene Person ihren Tag mit Dingen wie Spaziergängen (manchmal mit Unterstützung), Telefonate führen, Besuche empfangen/tätigen, Lesen, Musik hören etc. noch selbst gestalten.
Welche Ansprüche bei Pflegegrad 1?
Betreuungs- und Entlastungsleistungen (Entlastungsbetrag)
Mit anerkanntem Pflegegrad 1 stehen den pflegenden Angehörigen und der pflegebedürftigen Person 131 Euro monatlich zur Verfügung. Hiermit können Leistungen von ambulanten Pflegediensten wie dem Pflegedienst Sensus oder anerkannten Alltagshilfen in Anspruch genommen werden. Sie müssen entweder die pflegenden Angehörigen entlasten oder Pflegebedürftige zu mehr Selbstständigkeit verhelfen.
Mögliche Leistungen können zum Beispiel Begleitung zu Ärzt*innen, Einkäufe, Spaziergänge, Vorlesen und Beschäftigen oder Unterstützung im Haushalt (Reinigung, Gartenpflege etc.) sein.
Welche Leistungen vom Entlastungsbetrag abgedeckt werden, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Die Leistungen erfahrt ihr beispielsweise durch die jeweilige Webseite der Länderregierung oder indem ihr euch von einem ambulanten Pflegedienst beraten lasst. Die Kostenerstattung erfolgt erst, nachdem ihr die Rechnungsbelege bei der Pflegekasse eingereicht habt („Anspruch auf Kostenerstattung“). Ihr müsst also entweder in Vorleistung gehen oder ihr unterschreibt eine sogenannte Abtretungserklärung, damit euer Pflegedienst die Rechnungen direkt bei der Pflegekasse einreichen kann.
Hannelore vom Pflegedienst Sensus: „Viele Pflegebedürftige oder pflegende Angehörige wissen gar nicht, dass ihnen dieser monatliche Entlastungsbetrag zusteht. Anders gesagt, erfahren sie oft nur von der Leistung, wenn sie sich bereits von einem Pflegedienst beraten lassen oder sich bei der Pflegekasse nach den geltenden Ansprüchen erkundigen. Ganz wichtig: Der Jahresanspruch des vergangenen Jahres behält bis zum 30. Juni des folgenden Jahres seine Gültigkeit. Die nicht verwendete Summe kann dann zum Beispiel auch für Tages- oder Nachtpflege oder Kurzzeitpflege – beispielsweise weil pflegende Angehörige im Urlaub sind – verwendet werden.“
(Pflege-)Hilfsmittel
Alle Personen, die krankenversichert sind, haben Anspruch auf Hilfsmittel, die daher unabhängig von einem Pflegegrad sind und werden durch ein ärztliches Rezept verordnet.
Pflegehilfsmittel (im Wert von bis zu 42 Euro monatlich) erhaltet ihr dagegen nur über einen Pflegegrad – unabhängig ist hierbei die Pflegegrad-Höhe.
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch wie …
- Inkontinenzmaterial
- Desinfektionsmittel
- med. Einmalhandschuhe
- Krankenunterlagen
Technische Pflegehilfsmittel wie …
- Pflegebett
- Rollstuhl
- Toilettenstuhl
Hausnotruf
Lebt ein Mensch mit anerkanntem Pflegegrad allein in seiner Wohnung oder ist über mehrere Stunden allein und ist wahrscheinlich nicht in der Lage, per Telefon den Notruf zu wählen, sollte er einen Hausnotruf beantragen. Dieser wird mit 25,50 Euro monatlich bezuschusst und zählt auch zu den technischen Pflegehilfsmitteln. Er wird aber dennoch separat berechnet und ist an einheitliche Bedingungen geknüpft.
Wohnraumanpassung (wohnumfeldverbessernde Maßnahmen)
Ab dem Pflegegrad 1 steht Pflegebedürftigen zum Beispiel eine Rampe zum sicheren Verlassen und wieder Aufsuchen der Wohnung, ein Treppenlift, eine begehbare Dusche und eine Toilette mit Haltegriffen zu.
Pro Umbau-Projekt – also beispielsweise den Umbau des Badezimmers und/oder den Einbau eines Treppenlifts erhaltet ihr jeweils bis zu 4.180 Euro Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen von der Pflegeversicherung.
Ergänzende Leistungen bei Pflegegrad 1
• Pflegeunterstützungsgeld – Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige bis zu 10 Tage pro Jahr
• Wohngruppenzuschuss – 224 Euro monatlich unabhängig von der Pflegegradhöhe
• Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) – bis zu 53 Euro monatlich unabhängig von der Pflegegradhöhe
• vollstationäre Pflege im Heim – 131 Euro monatlich bei Pflegegrad 1
• kostenlose Pflegeberatung und Pflegekurse für Angehörige (dazu zählt auch der freiwillige Beratungseinsatz nach Paragraf 37.3)
Welche Ansprüche habt ihr bei Pflegegrad 1 nicht?
Diese Ansprüche gelten erst ab Pflegegrad 2
- Pflegegeld
- Pflegesachleistungen
- Verhinderungspflege
- Kurzzeitpflege
- Tages- und Nachtpflege
Anm. d. Redaktion: Alle finanziellen Leistungen gelten für das Jahr 2025.