Pflegegrad beantragen

Pflegegrad beantragen – gewusst wie!

Pflegegrad beantragen: Um Pflegegeld und Pflegesachleistungen von der Pflegekasse/Pflegeversicherung beziehen zu können, müsst ihr mit Beginn der Pflegebedürftigkeit einen Pflegegrad-Erstantrag beziehungsweise eine Höherstufung bei einer bestehenden Pflegebedürftigkeit beantragen. Wir erklären euch, wofür die Bezeichnung Pflegegrad steht, wie ihr einen Pflegegrad beantragt, welche Kriterien dabei gelten und wer euch dabei unterstützt.


Für viele Menschen ist es ein großer Schritt, sich einzugestehen, dass sie Hilfe im Alltag benötigen – schließlich geben sie einen Teil ihrer Selbstständigkeit auf. Ein Pflegegrad-Erstantrag wird daher oft erst gestellt, wenn es bereits an allen Ecken und Enden brennt.

Was bedeutet Pflegegrad?

Um einen Pflegegrad zu erhalten und die dazugehörigen Pflegesachleistungen sowie Pflegegeld beziehen zu können, muss die pflegebedürftige Person in ihrer Selbstständigkeit und ihren Fähigkeiten eingeschränkt sein. Je höher der Grad der Beeinträchtigungen, desto höher ist der Pflegegrad und desto mehr Leistungen stehen ihr zu.

Es gibt 5 Pflegegrade:

Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit speziellen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

Was ist die Pflegeversicherung?

Um die Leistungen überhaupt beziehen zu können, gibt es die Pflegeversicherung. Die Pflegeversicherung wurde am 01. Januar 1995 für alle gesetzlich und privat versicherte Menschen eingeführt. Jeder Versicherte war und ist gesetzlich verpflichtet, monatlich in eine Pflegekasse einzuzahlen.

Von Pflegestufe zum Pflegegrad

Am 01. April 1995 wurden erstmalig von allen Pflegekassen Leistungen nach Pflegestufen anerkannt. Damals gab es 3 Pflegestufen. Entscheidend für die jeweilige Einstufung war der Zeitaufwand, den die hilfsbedürftige Person pro Tag benötigte. Je größer der Zeitaufwand, desto höher die Pflegestufe.
Im Laufe der Jahre wurde aufgrund des demografischen Wandels deutlich, dass die Einstufungskriterien der Pflegebedürftigkeit reformiert werden müssen. So führt eine längere Lebenserwartung beispielsweise zu einer Zunahme von demenziellen Erkrankungen.
Auf der Grundlage der drei neuen Pflegestärkungsgesetze (PSG I, II und III) traten dann am 1. Januar 2017 die Pflegegrade 1 bis 5 in Kraft, die eine individuellere Anpassung an den jeweiligen Versorgungsaufwand möglich machen.
Seitdem gilt auch eine neue Berechnungsgrundlage: Entscheidend ist nicht mehr der Zeitaufwand der täglichen Pflege, sondern der Grad der Selbstständigkeit, um in einen Pflegegrad eingestuft zu werden. Besonders Menschen, die durch Demenz oder psychische Erkrankungen in ihrem Alltag eingeschränkt sind, erhalten dadurch leichter Unterstützung beziehungsweise einen Pflegegrad.

Pflegegrad-Erstantrag und Höherstufung beantragen – so geht’s!

Versicherte beziehungsweise deren Angehörige oder andere bevollmächtigte Personen müssen zunächst einen Antrag auf einen Pflegegrad beziehungsweise eine Höherstufung bei der Pflegekasse/Krankenkasse stellen. Den Antrag könnt ihr unkompliziert per Anruf, schriftlich oder digital anfordern und ausfüllen.
Dieser wird in der Regel formlos und nach persönlichen Stammdaten gestellt und muss dann wieder unterschrieben bei der Pflegekasse eingereicht werden. Die Einstufung erfolgt darauf durch eine Begutachtung des Medizinischen Dienstes oder einer privaten Prüfstelle wie zum Beispiel Medicproof, sofern die pflegebedürftige Person privat versichert ist.

Die wichtigsten Tipps

Die jeweilige Prüfstelle besucht euch zu Hause oder auch im Krankenhaus, um die Pflegebedürftigkeit zu beurteilen.

Das solltet ihr für die Prüfung bereithalten:

  1. Arztberichte und Diagnosen
  2. Schwerbehindertenausweis
  3. Führt vor dem Besuch mindestens sieben Tage lang ein Pflegetagebuch, in dem ihr ALLE anfallenden Hilfestellungen und Betreuungsaufgaben auflistet wie …
  • Medikamentengabe
  • Pflege
  • Ernährung
  • Haushalt
  • Außer-Haus-Erledigungen (Arztbesuche, Behördengänge, Einkäufe etc.)
  • Betreuung

Was sind die Voraussetzungen für einen anerkannten Pflegegrad?

Begutachtung und Pflegegutachten zur Feststellung einer Pflegebedürftigkeit

Der Medizinische Dienst oder die private Prüfstelle beurteilt die noch vorhandene Selbstständigkeit und dadurch den Grad der Pflegebedürftigkeit anhand eines Pflegegutachtens, das aus sechs Modulen, die jeweils noch mal aus bis zu 16 Kriterien bestehen, zusammensetzt:

  1. Mobilität
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  4. Selbstversorgung
  5. Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
  6. Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte

Die Gesamtpunktzahl aller Module entscheidet dann über den Pflegegrad. Es können bis zu 100 Punkte für die eingeschränkte Selbstständigkeit vergeben werden – je geringer die Selbstständigkeit, umso höher fallen die Punktzahl und dementsprechend auch der Pflegegrad aus.

Nach der Prüfung teilt der medizinische Dienst der Pflegekasse seine Einschätzungen anhand des Pflegegutachtens mit. Den Pflegegrad bestimmt schlussendlich die Pflegekasse, die euch den Pflegegerad-Bescheid nach spätestens 25 Arbeitstagen – Frist gilt ab dem Tag der Antragsstellung – schriftlich mitteilen muss. Die Frist kann sich verlängern, wenn …

  • eine Verzögerung eintritt, die nicht durch die Pflegeversicherung entstanden ist.
  • ihr aufgefordert werdet, noch fehlende Unterlagen einzureichen.

Stellt ihr einen Eilantrag, besteht eine verkürzte Frist für die Pflegekasse. Dazu bald mehr.

Unser Tipp: Viele Menschen fühlen sich bei der Antragsstellung sehr unsicher. Falls ihr dabei Unterstützung benötigt, könnt ihr euch an Pflegedienste in eurer Nähe wie zum Beispiel den Pflegedienst Sensus wenden. Sie unterstützen euch während des gesamten Prozesses.

 

Titelbild: © Adobe Stock – Prostock-studio

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