
Alzheimer – die häufigste Demenzform
Je älter wir werden, desto höher ist das Risiko an Alzheimer – auch Morbus Alzheimer oder Alzheimer Demenz genannt – zu erkranken. Von insgesamt 50 verschiedenen Demenzerkrankungen ist Alzheimer mit rund zwei Drittel die häufigste Demenzform, die sich aufgrund einer bislang unheilbaren Störung des Gehirns entwickelt. Derzeit sind in Deutschland rund eine Millionen Menschen an Alzheimer erkrankt. Seit November 2024 keimt mit dem Wirkstoff – dem Antikörper Lecanemab (Leqembi) – auch in Europa neue Hoffnung auf. Es ist das erste Alzheimer-Medikament, das die Ursache behandelt und jetzt auch von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) grünes Licht bekommt. Lest hier die wichtigsten Infos und warum sich Lecanemab nicht für alle Alzheimer-Patient:innen eignet.
Was ist Alzheimer und was ist die Ursache?
Alzheimer wurde nach dem deutschen Psychiater Alois Alzheimer benannt, der die Erkrankung 1906 zum ersten Mal beschrieb. Alzheimer zeichnet sich vor allem durch die zwei typischen Symptome Vergesslichkeit und Verwirrtheit aus. Trotz der Forschung ist bislang immer noch nicht komplett geklärt, wie Alzheimer genau entsteht. Es gibt viele Forschungsansätze und Hypothesen – viele Expert:innen vertreten die sogenannte Amyloid-Hypothese.
Was ist die Amyloid-Hypothese?
Bei Alzheimer sterben Nervenzellen im Gehirn und ihre Verbindungen untereinander ab (Neurodegeneration) – dies stört die Informationsweitergabe. Da immer mehr Nervenzellen absterben, schrumpft das Gehirn im Laufe der Erkrankung um bis zu 20 Prozent. Laut der Amyloid-Hypothese passiert dies wahrscheinlich durch zwei Proteine, die auch im gesunden Gehirn vorkommen.
Bei der Untersuchung von „Alzheimer-Gehirnen“ werden diesbezüglich immer wieder bestimmte Eiweißablagerungen nachgewiesen:
- Überschuss des Eiweißes Beta-Amyloid (Aß) – werden zu giftigen Beta-Amyloid-Oligomeren und schließlich zu Verklumpungen auch Alzheimer-Plaques bzw. ß-Amyloid-Plaques genannt
- chemische Veränderung bei Tau-Eiweißen – werden zu sogenannten Tau-Fibrillen
Ebenfalls Teil der Beta-Amyloid-Hypthese ist die Annahme, dass sich zuerst und bereits Jahrzehnte vor den Tau-Fibrillen die Beta-Amyloid-Plaques und drum herum chronische Entzündungen bilden, die vermutlich zum Absterben der Nervenzellen beitragen. Ausführliche Infos zur Entstehung von Alzheimer findet ihr in diesem Video von Alzheimer Forschung Initiative e. V.
Was sind typische Alzheimer-Symptome?
Da bei Alzheimer die Nervenzellen zuerst in der Schaltstelle im Gehirn – Hippocampus genannt – absterben, kommt es zu Beginn zu folgenden Symptomen:
- Störungen des Kurzzeitgedächtnisses/kleinere Gedächtnislücken Vergesslichkeit/Zerstreutheit – sehr alte Erinnerungen sind dagegen noch abrufbar.
- Wortfindungsstörungen
- Orientierungsschwierigkeiten
- verlangsamtes Denken und Sprechen
- Ab dem mittleren Stadium der Demenzerkrankung kommt es zudem zu extremen Funktionsstörungen beim Denken, Orientieren (zeitlich und räumlich), der Sprache und Gestik.
- Ab jetzt verblassen auch ältere Erinnerungen immer mehr und bislang vertraute Menschen werden zu Fremden. Alltägliche Dinge wie Kochen, Essen, Körperpflege und Einkaufen sind für Erkrankte dann nicht mehr ohne Hilfe möglich.
Weitere mögliche Symptome
Die folgenden Symptome fallen meist eher Mitmenschen als den Betroffenen selbst auf:
- Aggressivität
- Depression
- starker Bewegungsdrang/Unruhe
- Ängste
- Halluzinationen
Im Spätstadium sind Erkrankte komplett pflegebedürftig und häufig bettlägerig. Meist sprechen sie nur noch wenige Worte, sind inkontinent, können immer schlechter schlucken und atmen und die Gliedmaßen versteifen. Da im Spätstadium häufig auch das Immunsystem stark geschwächt ist, versterben Alzheimer-Patient:innen unter anderem an Lungenentzündungen. In diesem Beitrag erläutert euch Hannelore vom Pflegedienst Sensus, inwiefern euch die ambulante Palliativversorgung dann unterstützen kann.
In welchem Alter erkrankt man an Alzheimer?
Rund 99 Prozent erkranken nach dem 65. Lebensjahr an Alzheimer – das größte Risiko ist somit ein hohes Alter. Gerade ab dem Alter von 80 Jahren ist mindestens jede fünfte Person betroffen, bei den über 90-Jährigen ist es schon mehr als ein Drittel.
Neben dem Alter sollen dabei weitere Faktoren eine Rolle spielen wie …
- Genetik: Das Risiko für Alzheimer ist erhöht, wenn eine bestimmte Variante im Gen für das Eiweiß Apo-Lipoprotein E (ApoE) vorliegt. Zwar ist das ApoE-Gen bei allen Menschen vorhanden und wird für den Transport von Cholesterin im Blut benötigt, doch nur eine der drei Varianten macht die Person empfänglicher für Alzheimer.
- Bluthochdruck, erhöhter Cholesterinspiegel, erhöhter Homocysteinwert, Gefäßverkalkung (Arteriosklerose), Diabetes und oxidativer Stress.
- vererbte Gen-Defekte: Bei rund einem Prozent wird Alzheimer durch unterschiedliche Gen-Defekte ausgelöst und weitervererbt. Die Mutation betreffen das Amyloid-Vorläufer-Protein-Gen sowie die Gene Presenilin-1 und Presenilin-2. Menschen, die diese Mutationen vorweisen, erkranken im Alter zwischen 30 und 60 Jahren ganz sicher an Alzheimer.
Wie wird Morbus-Alzheimer diagnostiziert?
Die meisten von uns werden mit zunehmendem Alter vergesslicher. Doch wann sollte man ärztlichen Rat einholen und wie wird Alzheimer diagnostiziert? Wie immer gilt die Regel: Sofern ihr bei euch oder bei einer Person in eurem Umfeld Veränderungen bei der Gedächtnisleistung, Verwirrtheit, Orientierungslosigkeit oder Probleme beim Sprechen bemerkt, sucht vorsichtshalber eure:n Hausärzt:in auf beziehungsweise schlagt es der Person in eurem Umfeld vor. Zudem sollte die betroffene Person von einer nahestehenden Person zum Termin begleitet werden, da diese wahrscheinlich auch befragt wird.
Zwar ist Alzheimer bislang nicht heilbar, aber wird die Erkrankung frühzeitig erkannt, kann das rasche Fortschreiten durch eine medikamentöse Behandlung hinausgezögert werden.
Die Diagnose erfolgt in mehreren Schritten:
Ausführliches ärztliches Gespräch
Ausführliche Anamnese – informiert eure:n Ärzt:in über Beschwerden, (Vor-)Erkrankungen, und Medikamente, die ihr einnehmt oder bis vor Kurzem eingenommen habt.
Während des Gespräches wird der/die Ärzt:in bereits auf mögliche Konzentrations- oder Sprachprobleme achten.
Körperliche Untersuchung
Danach erfolgt eine körperliche Untersuchung – u. a. Blutdruckmessung, Prüfung der Muskel- und Pupillenreflexe etc.
Demenztests
Anschließend kommen spezielle Demenztests (psychometrische Testung) zum Einsatz, die allerdings bei einer frühen Demenz meist noch nicht greifen und durch die die Demenzformen auch nicht unterschieden werden können. Sie können also erstmal nur einen ersten Hinweis auf eine allgemeine Demenz geben, sofern sie bereits fortgeschritten ist.
Häufige Demenztests:
- Uhrentest
- MMST (Mini Mental Status Test/ Screening Test)
- DemTect (Demenz-Detektions-Test)
- TFDD (Test zur Früherkennung von Demenzen mit Depressionsabgrenzung)
Außerdem können zusätzliche neuropsychologische Untersuchungen ergänzt werden.
Apparative Untersuchungen
Bei Verdacht auf eine Demenzerkrankung kommen apparative Untersuchungen wie die Positronen-Emmissions-Computertomografie (PET/CT) oder die funktionelle Magnetresonanztomografie/Kernspintomografie bzw. Hirnscan (fMRT) zum Einsatz, um festzustellen, ob die Hirnsubstanz abgenommen hat und um andere mögliche Erkrankungen wie z. B. einen Hirntumor auszuschließen.
Labortests
Ebenfalls wichtig sind spezielle Blut- und Urinuntersuchungen, um Alzheimer oder eine andere Erkrankung – beispielsweise der Schilddrüse – diagnostizieren zu können. Der gängigste Test, der allerdings teuer und aufwendig ist und sich nicht für eine Frühdiagnose eignet, ist die Liquordiagnostik (Probe der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit – Liquor). Hierbei wird die Konzentration der Amyloid- und Tau-Proteine untersucht. Ein Gentest wird veranlasst, sofern eine genetische Disposition vorliegt.
Wie wird Alzheimer behandelt?
Alzheimer wird bislang wie folgt therapiert:
Antidementiva
Schon zu Beginn der Demenzerkrankung kommt es zu einem Acetylcholin-Mangel. Der Nervenbotenstoff ist unter anderem notwendig für die Kommunikation zwischen den Nervenzellen. Cholinesterasehemmer (z. B. Donepezil oder Rivastigmin) steuern dagegen, indem sie ein Enzym, das den Mangel verursacht, blockieren.
Ab dem mittleren Alzheimerstadium greift man in der Regel auf den Wirkstoff Memantin zurück. Dieser verhindert den Überschuss des Nervenbotenstoffes Glutamat, der die Gehirnzellen vermutlich schädigt beziehungsweise zum Absterben der Zellen beiträgt.
Weitere Medikamente
- Extrakte aus Ginkgoblättern (Ginkgo biloba) – sollen die Durchblutung des Gehirns verbessern (Verbesserung der Gedächtnisleistung), die Nervenzellen schützen und psychische Beschwerden lindern.
- Neuroleptika (wie Risperidon oder Haloperidol) gegen Unruhe und Aggressivität – können starke Nebenwirkungen haben.
- Antidepressiva
Nicht-medikamentöse Therapien
- Realitäts-Orientierungs-Training
- Ergotherapie, um Fähigkeiten (Körperpflege, Haushalt etc.) so lange wie möglich zu fördern und zu erhalten.
- Denk-Training (kognitives Training) mithilfe von Wort- und Denkspielen
- Psychotherapie (z. B. Verhaltenstherapie, Kunst- und Musiktherapie, Sinnstimulation wie Snoezelen/Aromatherapie, tiergestützte Therapie etc.)
- Autobiografische Therapie/Kommunikation mithilfe von Angehörigen und z. B. Fotoalben, persönlichen Gegenständen etc., um das Erinnerungsvermögen zu trainieren.
Alzheimer-Medikament mit dem Antikörper Lecanemab
Zum ersten Mal in der Alzheimer-Forschung empfiehlt der der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ein Alzheimer-Medikament mit dem Wirkstoff Lecanemab (Leqembi). Es ist das erste Alzheimer-Medikament, das nicht die Symptome mindert, sondern das Fortschreiten der ursächlichen Prozesse im Gehirn verlangsamt. Lecanemab ist ein Antikörper, der in den USA bereits gegen Demenz zugelassen ist.
Für wen eignet sich der Wirkstoff Lecanemab?
Die EMA empfiehlt das Alzheimer-Medikament in einem frühen Alzheimer-Stadium – also bei leichten beziehungsweise beginnenden Alzheimer-Demenz-Symptomen wie Gedächtnis- und Denkstörungen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass eine frühe Diagnose erfolgt. Da Demenz allerdings mit viel Scham behaftet ist und die ersten Symptome oft heruntergespielt und verdrängt werden, werden Angehörigen und behandelnden Ärzt:innen eine wichtige Rolle bereits vor einer Diagnose zuteil. Eine weitere Voraussetzung ist, dass das Medikament nur bei Alzheimer-Erkrankten angewandt werden darf, die „nur eine oder keine Kopie von ApoE4, einer bestimmten Form des Gens für das Protein Apolipoprotein E“, vorweisen. Bei Alzheimer-Patient:innen mit „zwei ApoE4-Kopien“ besteht ein zu großes Risiko für lebensbedrohliche Nebenwirkungen wie Blutungen/Schwellungen im Gehirn. Mehr Infos findet ihr bei der Europäischen Arzneimittelbehörde und beim aerzteblatt.de.
Kann Alzheimerdemenz vorgebeugt werden?
Generell könnt ihr mithilfe eines gesunden Lebensstils das Risiko an Alzheimer sowie an anderen (Demenz-)Erkrankungen mindern. Wie bei der Parkinson-Erkrankung ist auch hier wieder die mediterrane Ernährung zu empfehlen. Sehr wichtig ist neben regelmäßiger Bewegung (in freier Natur) auch Denkarbeit in Form von Rätseln, Erinnerungstrainings, kreativen Hobbys, einem lebendigen Sozialleben usw. wichtig, um Geist und Körper fit zu halten.
Bald geben wir euch weitere Tipps, wie ihr Menschen mit Demenz im Alltag bestmöglich unterstützen könnt und informieren euch darüber, ab wann ihr professionelle Hilfe – zum Beispiel durch einen ambulanten Pflegedienst wie den Sensus Pflegedienst – in Anspruch nehmen solltet und welche vorbereitenden Maßnahmen zu Beginn einer Demenzerkrankung elementar sind.
Weiteführende und stets aktuelle Infos findet ihr bei Alzheimer Forschung Initiative e. V.
Titelbild: © Adobe Stock – Lisa Weatherbee